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French Open: Auch Fognini entzaubert – Ofner im 1. Grand-Slam-Achtelfinale

Das ÖTV-Ass kämpft den Italiener in fünf Sätzen nieder und steht in Paris sensationell unter den letzten 16.
Verfasst von: Manuel Wachta, 02.06.2023
© GEPA pictures / Francois Asal
Sebastian Ofner

Welch großartige Leistung von Sebastian Ofner! Der 27-Jährige hat bei den French Open in Paris am Freitagabend zum ersten Mal in seiner Karriere ein Achtelfinale eines Grand-Slam-Turniers erreicht. Der Steirer (ATP 118) rang in der dritten Runde den italienischen Ex-Weltranglistensiebten Fabio Fognini (ATP 130) nach beeindruckender Vorstellung und 3:54-stündigem Kampf mit 5:7, 6:3, 7:5, 1:6, 6:4 nieder. Inklusive der Qualifikation, in der er letzte Woche gleichfalls drei Runden gewonnen hatte, ist es für ihn bei Roland Garros 2023 der bereits sechste Sieg. Er spielt damit am Sonntag gegen den an fünf gesetzten Griechen Stefanos Tsitsipas (ATP 5), der den Argentinier Diego Sebastian Schwartzman (ATP 95) später mit 6:2, 6:2, 6:3 abfertigte, um den Einzug ins Viertelfinale. Ofner ist nun das letzte ÖTV-Ass, das in den Erwachsenenbewerben in Frankreichs Hauptstadt noch im Bewerb ist. Zuvor hatte sich Sam Weissborn im Herrendoppel als letzter Österreicher in der zweiten Runde verabschieden müssen und sein erstes Grand-Slam-Achtelfinale im Gegensatz zu Ofner verpasst. Der Wiener zog mit dem Monegassen Romain Arneodo gegen die elftgereihten Deutschen Kevin Krawietz und Tim Pütz nach exakt 75 Minuten Spielzeit mit 4:6, 2:6 den Kürzeren.

Ofner bewahrt in entscheidenden Momenten die Nerven

Ofner spielt bisher die klar beste Saison in seiner Laufbahn, hat 2023 bereits vier (wenn auch allesamt verlorene) ATP-Challenger-Finals zu Buche stehen. Beim großen Highlight der Sandplatzsaison setzt er seine imposante Form nun munter fort. Nach den Dreisatz-Erfolgen über die US-Amerikaner Maxime Cressy (ATP 44) und Sebastian Korda (ATP 30), Nummer 24 der Setzliste, musste er im genauso ersten Duell mit Fognini zwar die ersten Satzverluste im Hauptbewerb hinnehmen, aber auch der hochtalentierte achtfache ATP-Titelträger konnte ihn am Ende nicht aufhalten. Schon der erste Satz hätte auch anders ausgehen können: Ofner machte aus einem 1:3-Rückstand eine 4:3-Breakführung, sollte aber nach vergebenem Breakball bei 4:4 und zwei abgewehrten Satzbällen bei 4:5 unter dem Strich im zwölften Game den entscheidenden Aufschlagverlust hinnehmen müssen. Danach steigerte sich der St. Mareiner jedoch, setzte seine Stärken gezielt ein, zeigte in den richtigen Momenten Mut zum Risiko und wurde im zweiten Durchgang mit gleich drei Breaks belohnt. Jenes zum 1:0 musste er sofort wieder hergeben, doch weitere zum 3:2 und 6:3 bedeuteten den Satzgleichstand.

Der dritte Abschnitt geriet zu einem Hin und Her. Ofner vermochte bei 1:0 die ersten drei Breakmöglichkeiten nicht zu verwerten – und so schwappte das Momentum zunächst zu Fognini über, der sich eine 3:1-Führung und nach dem Serviceverlust zum 3:3 nochmalig eine 4:3-Breakführung erspielen konnte. Doch erneut schlug Ofner zurück und rief in den entscheidenden Momenten seine gesamten Offensivqualitäten ab und wurde mit Breaks zum 4:4 und 7:5 belohnt. Der vierte Satz verlief dagegen, nachdem er beim zweiten Spiel bei 0:40 drei Chancen aufs Rebreak zum 1:1 ausließ, völlig in die andere Richtung, Ofner konnte sich erst bei 0:5 mit einem Rebreak noch das Ehrengame erarbeiten. Ein weiterer der insgesamt je zwölf Aufschlagverluste beider Spieler brachte den Entscheidungssatz. Dort verabsäumte es Ofner zwar, nach schneller 2:0-Führung nachzulegen, zwei weitere Breaks erzeugten aber den vorentscheidenden 5:2-Vorsprung. Ein Break konnte Fognini noch aufholen, doch im zweiten Anlauf servierte Ofner cool zu seinem eindeutig größten Karriereerfolg aus und durfte mit seiner Box jubeln. Allen voran mit Stefan Rettl, der den Schützling der ATC-Akademie von Wolfgang Thiem als Touring Coach vor Ort betreut.

Bis zu Platz 80: Ofner pulverisiert Career High

Immer wieder hatte Fognini die Fortsetzung der Partie mit mehrfachen Diskussionen mit der Stuhlschiedsrichterin, ausgedehnten Spielpausen (die dennoch keine Time Violations nach sich zogen) und Medical Timouts verschleppt. Letztere zeigten jedoch – abgesehen von einem teilweise verlangsamten Aufschlag – keine nennenswerten Auswirkungen, bis zuletzt schenkte der 36-jährige Routinier nur wenig her. Ofner ließ sich von all dem nicht irritieren, blieb cool, bewahrte auch in heiklen Momenten die Nerven und musste sich die Punkte bis zum Matchball hart erarbeiten. Mit spektakulären Bällen und einem Ass zum Abschluss machte er den Sack zu. Lohn dafür sind nun bereits 240.000 Euro Preisgeld sowie 180 ATP-Punkte. Mit Letzteren ist ihm der schon zuvor ziemlich sicher gewesene erstmalige Sprung unter die Top 100 der Welt nunmehr endgültig nicht mehr zu nehmen. Und noch viel mehr als dies: Ofner pulverisiert damit sein aktuelles Career High, befindet sich im ATP-Liveranking gar auf Platz 80 und kann damit am 12. Juni Dominic Thiem um 39 Zähler abhängen und ihn als Nummer eins von Österreich ablösen. Noch besteht aber freilich die Chance auf mehr. Ein weiterer Coup würde ihm noch einmal 180 ATP-Punkte bringen und ihn sogar auf bis zu Position 45 katapultieren.

Ofner hatte in Wimbledon 2017 das bisher einzige Mal die dritte Runde bei einem Grand Slam erreicht. Mit dem Erfolg über Fognini geht es für ihn also erstmalig darüber hinaus. „Man hat im letzten Jahrzehnt gesehen, wozu er (Fognini, Anmerkung) imstande ist, das hat er auch heute einige Male gezeigt, warum er jahrelang vorne mitgespielt hat“, sagte er nach seinem so beeindruckenden Sieg. „Ich war top eingestellt, habe genau gewusst, was passiert, deswegen habe ich auch gut gespielt. Ich habe gewusst, ich muss präsent sein, jeden Punkt spielen und darf so wenig als möglich herschenken“, erläuterte Ofner nach einem „generell schwierigen“ Match. „Nach dem Doppelbreak im vierten Satz habe ich versucht, den Satz ein bisschen laufen zu lassen, weil ich gewusst habe, wenn ich voll fighte und dann verliere, wird es im fünften Satz schwierig werden“, bekannte er. Dort gelang im zweiten Versuch das Ausservieren: „Zwischen 5:2 und 5:4 habe ich keine Chance gehabt, da hat er zu gut gespielt. Ich habe mir dann selbst ein wenig den Druck genommen und mir gesagt, wenn er nochmal so gut spielt, dann hat er es sich verdient und es geht bei 5:5 weiter. Ich war daher schon ein bisschen angespannt, aber nicht ganz so extrem.“ Die Methode fruchtete – und kurz darauf riss Ofner jubelnd die Hände in die Höhe und ließ sich glücklich und erleichtert in den Pariser Sand fallen.

Hier alle Ergebnisse der French Open in Paris.

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